Im ersten Teil des Leitfadens wurden Situationen beschrieben, in denen das Verhalten eines Arbeitnehmers eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Ebenso wichtig ist jedoch die Beachtung der formellen Seite dieses Verfahrens. Gerade die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die sorgfältige Ausarbeitung der entsprechenden Dokumente entscheiden darüber, wie sich die Position des Arbeitgebers in einem möglichen arbeitsgerichtlichen Streit mit dem Arbeitnehmer gestalten wird.
Schritte, die der Arbeitgeber unternehmen sollte
Bevor dem Arbeitnehmer die Erklärung über die fristlose Kündigung übergeben wird, sollte sichergestellt sein, dass:
- eine sorgfältige Analyse erfolgt ist, ob das Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dieser besonderen Form rechtfertigt – wir empfehlen hierzu die Lektüre des ersten Teils des Leitfadens: Fristlose Kündigungen richtig durchführen – Teil 1 – jrd
- alle erforderlichen Beweismittel gesammelt wurden, die die getroffene Entscheidung untermauern,
- die einmonatige Frist ab dem Tag der Kenntniserlangung vom Fehlverhalten des Arbeitnehmers nicht überschritten wurde,
- sofern gesetzlich vorgeschrieben – die Stellungnahme der zuständigen Betriebsgewerkschaft eingeholt wurde,
- die Kündigungserklärung in einer Form erstellt wurde, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Sollten in irgendeinem Stadium Zweifel auftreten – insbesondere im Hinblick auf Punkt 1 oder 5 – empfehlen wir, sich mit einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt zu beraten.
Beweise
Bereits bei der Entscheidungsfindung über die Kündigung gemäß Art. 52 § 1 des polnischen Arbeitsgesetzbuches sollten alle verfügbaren Beweise für das Fehlverhalten des Arbeitnehmers gesichert werden. Dazu zählen unter anderem Dienstvermerke, Berichte, E-Mail-Korrespondenz, Videoaufnahmen aus der Überwachungskamera oder Zeugenaussagen. Je besser das Fehlverhalten dokumentiert ist, desto größer sind die Chancen, dass das Arbeitsgericht die Auffassung des Arbeitgebers teilt.
Es ist zu beachten, dass die Beweislast für den Kündigungsgrund beim Arbeitgeber liegt.
Ein Monat zur Reaktion
Einerseits ist vorschnelles Handeln nicht zu empfehlen. Andererseits darf der Arbeitgeber auch nicht zögern – er hat nur einen Monat Zeit ab dem Tag, an dem er verlässliche Informationen über das Fehlverhalten erhält, um dem Arbeitnehmer die Kündigungserklärung zu übergeben.
Obwohl Fehler in den meisten Fällen auf überhastetes Handeln zurückzuführen sind, kommt es auch vor, dass selbst bei begründeten Vorwürfen das Gericht die Kündigung als rechtswidrig einstuft – allein deshalb, weil der Arbeitgeber die gesetzliche Frist überschritten hat.
Die einmonatige Frist beginnt nicht mit dem Zeitpunkt des Fehlverhaltens selbst, sondern ab dem Moment, in dem der Arbeitgeber zuverlässige und überprüfte Informationen darüber erhält.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs:
- beginnt die Frist an dem Tag zu laufen, an dem die zur Kündigung berechtigte Person oder ein anderes Mitglied der Unternehmensleitung – entsprechend der betrieblichen Struktur – Kenntnis vom Fehlverhalten des Arbeitnehmers erlangt,
- reicht ein bloßer Verdacht oder unbestätigtes Gerücht nicht aus – der Arbeitgeber muss über Informationen verfügen, die es ihm ermöglichen, vernünftigerweise davon auszugehen, dass ein schwerwiegender Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten vorliegt.
Stellungnahme der Betriebsgewerkschaft
Nicht vergessen werden darf die Verpflichtung zur Anhörung der Betriebsgewerkschaft im Falle der fristlosen Kündigung. Diese Pflicht betrifft nur Arbeitgeber, bei denen eine Betriebsgewerkschaft besteht und der betreffende Arbeitnehmer durch diese vertreten wird.
Zwar ist die Form der Mitteilung des Arbeitgebers über die Absicht zur fristlosen Kündigung grundsätzlich formlos, jedoch empfiehlt sich aus Beweisgründen die schriftliche oder elektronische Form. Dabei ist eine konkrete und nachvollziehbare Begründung für die beabsichtigte Maßnahme anzugeben.
Sollte die Gewerkschaft Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung haben, muss sie ihre Stellungnahme unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 3 Tagen abgeben. Falls die Gewerkschaft dem Vorhaben des Arbeitgebers zustimmt, kann sie auf eine Stellungnahme verzichten. Wird die Stellungnahme früher abgegeben, kann der Arbeitgeber bereits vor Ablauf der 3-Tages-Frist die Kündigung erklären. Erfolgt die Kündigung jedoch vor Ablauf dieser Frist ohne Vorliegen der Gewerkschaftsstellungnahme, ist die Arbeitgebererklärung rechtswidrig.
Die vom Arbeitgeber eingeholte Stellungnahme ist rechtlich nicht bindend.
Formvorschriften
Damit die fristlose Kündigung wirksam ist, muss die Erklärung des Arbeitgebers den im Arbeitsgesetzbuch festgelegten formellen Anforderungen entsprechen.
Grundsätzlich ist die Kündigung schriftlich zu verfassen. Aus Beweisgründen wird empfohlen, eine Empfangsbestätigung vom Arbeitnehmer einzuholen (alternativ ist auch die Zustellung per Post zulässig). Nutzt der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit regelmäßig elektronische Kommunikationsmittel (z. B. Dienst-E-Mail im Rahmen von Remote-Arbeit), so ist eine mit qualifizierter elektronischer Signatur versehene und an die dienstliche E-Mail-Adresse gesendete Kündigungserklärung rechtswirksam und einer klassischen schriftlichen Erklärung gleichgestellt.
Eine mündliche Kündigung ist zwar wirksam (das Arbeitsverhältnis wird beendet), jedoch formfehlerhaft – und der Arbeitnehmer kann sie vor dem Arbeitsgericht anfechten.
In der Kündigungserklärung muss der konkrete Grund für die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses angegeben werden. Er muss klar, konkret und tatsächlich gegeben sein.
Ein weiterer zwingender Bestandteil ist die Belehrung über das Recht des Arbeitnehmers, Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben.
Welche Entscheidung kann das Gericht treffen?
Stellt das Gericht im Rahmen des Verfahrens fest, dass die Einwände des Arbeitnehmers berechtigt sind oder dass die Kündigung unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften erfolgt ist, kann es – abhängig vom Antrag des Arbeitnehmers – folgende Entscheidungen treffen:
- den Arbeitnehmer wieder in sein Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen einsetzen und Lohnnachzahlungen für den Zeitraum der Nichtbeschäftigung zusprechen,
- dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zusprechen,
- dem Arbeitnehmer die Kosten des Verfahrens zusprechen.
Die Inanspruchnahme professioneller Unterstützung hilft dabei, Fehler zu vermeiden und bietet dem Arbeitgeber umfassende Sicherheit in jedem Verfahrensschritt. Bei Bedarf stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite und unterstützen Sie bei der Vorbereitung aller notwendigen Unterlagen.





